Pflicht zur Arbeitszeiterfassung gilt ab sofort

Am 13. September 2022 folgte mit dem Beschluss des BAG der viel zitierte Paukenschlag: Die Erfurter Richter leiteten aus einer bestehenden Bestimmung des Arbeitsschutzgesetzes ab, dass Arbeitgeber heute schon verpflichtet seien, ein Arbeitszeiterfassungssystem einzuführen. Konkret heißt das: „Arbeitgeber müssen nach Ansicht des BAG den Beginn, die Dauer und das Ende der täglichen Arbeitszeit tatsächlich erfassen. Es reicht nicht aus, dass sie bloß ein Zeiterfassungssystem bereitstellen. Vielmehr müssen sie auch dafür sorgen, dass dieses angewendet wird.“

 
Gestaltungsspielraum für Betriebe

Bei der Art und Weise, wie sie der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nachkommen, lässt das Bundesarbeitsgericht den Betrieben einen weiten Gestaltungsspielraum. Das BAG macht keine Vorgaben, durch wen und in welcher Form die Erfassung erfolgen muss, solange der Gesetzgeber nichts anderes regelt, sind damit sowohl Zeiterfassungs-Apps als auch handschriftlich ausgefüllte Tabellen erlaubt. Außerdem stellt das Gericht fest, dass der Arbeitgeber, die Zeiterfassung auf die Arbeitnehmer delegieren darf. Daraus folgert die Juristin, dass auch Vertrauensarbeitszeit möglich bleibt, solange die Mitarbeiter selbst Beginn und Ende ihrer Tätigkeit dokumentieren. Nicht mehr möglich ist aber eine Vertrauensarbeitszeit, bei der es den Beschäftigten komplett selbst überlassen bleibt, wann sie arbeiten, und die auf jegliche Art der Aufzeichnung verzichtet. Sie verweist zugleich darauf, dass „schon bislang Arbeitszeit über acht Stunden pro Tag und Arbeit an Sonn- und Feiertagen aufzuzeichnen sind, auch durch Arbeitnehmer in Vertrauensarbeitszeit“.

 
Leitende Angestellte ebenfalls betroffen

Ob auch leitende Angestellte ihre Arbeitszeiten dokumentieren müssen oder nicht, bleibt ohne eine Regelung durch den Gesetzgeber weiter unklar. Nach der Begründung des Bundesarbeitsgerichts spricht viel dafür, dass auch leitende Angestellte von der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung erfasst sind, weil das Gericht die Rechtsgrundlage im Arbeitsschutzgesetz sieht, das auch für leitende Angestellte gilt, argumentiert die Arbeitsrechtlerin.

 
Keine Übergangsfrist

Klar ist mit Vorliegen der Entscheidungsgründe: Es gibt keine Übergangsfrist. Gleichwohl sollten Betriebe, die derzeit noch ohne Arbeitszeiterfassung sind, nicht übereilt handeln. Denn der Gesetzgeber beschäftige sich bereits mit dem Thema. Wenn Arbeitgeber einen Gesetzesentwurf abwarten, vermeiden sie, das Thema gegebenenfalls doppelt angehen zu müssen, denn mit ziemlicher Sicherheit würde jetzt etwas implementiert, was dann im Gesetz anders geregelt ist. Mit Bußgeldern müssten Unternehmen erst einmal nicht rechnen. Dazu müsste zunächst eine Anordnung zur Einführung einer Arbeitszeiterfassung durch die zuständige Behörde getroffen werden, der der Arbeitgeber sodann nicht nachkommt.

 
Mitspracherecht des Betriebsrats

In dem vom BAG entschiedenen Fall ging es eigentlich um die Frage, ob der Betriebsrat ein Initiativrecht zur Einführung, die Einführung eines Zeiterfassungssystems hat. Das verneinten die Richter schon deshalb, weil ohnehin jedes Unternehmen Arbeitszeiten erfassen lassen muss. Zu der Art und Weise, wie erfasst wird, steht dem Betriebsrat aber sehr wohl ein Mitbestimmungsrecht zu, sodass – solange der Gesetzgeber auch weiter Gestaltungsspielraum belässt – in den Auswahlprozess für ein System und die Umsetzung im Einzelnen der Betriebsrat einzubeziehen ist. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Betriebsräte über diese Ausgestaltung versuchen werden, die Einführung einer Arbeitszeiterfassung zu erzwingen, wenn Arbeitgeber nicht von sich aus tätig werden. Doch auch dann sollten Arbeitgeber Ruhe bewahren und mit Blick auf ein zu erwartendes Handeln des Gesetzgebers keine übereilten Regelungen treffen.

 
Das gilt jetzt für Arbeitnehmer

Das Bundesarbeitsgericht hat geurteilt: Die Erfassung der Arbeitszeit ist ab sofort Pflicht. Was das jetzt für den Alltag in Unternehmen bedeutet.

Ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts sorgt demnächst für Änderungen im Alltag vieler Arbeitnehmer. Einem aktuellen Urteil des höchsten deutschen Arbeitsgerichts zufolge müssen künftig alle Arbeitnehmer ihre Arbeitszeit erfassen. Doch was bedeutet das jetzt für Arbeitnehmer und deren Firmen? Wie schnell muss die neue Regelung umgesetzt werden und was bedeutet das für die Vertrauensarbeitszeit? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

 
Zeiterfassung: Was hat das Bundesarbeitsgericht geurteilt?

Es besteht in Deutschland eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung (1ABR 22/21). Die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, Inken Gallner, begründete die Pflicht von Arbeitgebern zur systematischen Erfassung der Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten mit der Auslegung des deutschen Arbeitsschutzgesetzes nach dem sogenannten Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), wie merkur.de berichtet.

„Wenn man das deutsche Arbeitsschutzgesetz mit der Maßgabe des Europäischen Gerichtshofs auslegt, dann besteht bereits eine Pflicht zur Arbeitszeiterfassung“, sagte Gallner in der Verhandlung. Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit. Das Bundesarbeitsgericht zog aber nicht das Arbeitszeit-, sondern das Arbeitsschutzgesetz heran.

 
Was müssen Unternehmen jetzt ändern?

Arbeitgeber sind ab sofort verpflichtet, die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter zu erfassen. Diese Pflicht können sie aber auch auf die Mitarbeiter selbst übertragen. Dabei ist es egal, ob die Zeiterfassung digital oder in Papierform erfolgt, erklärt Arbeitsrechtsanwalt Gerhard Kronisch auf LinkedIn. Unternehmen müssten nun Lösungen zur umfassenden Arbeitszeiterfassung einrichten.

 
Bedeutet das Urteil jetzt das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Fachleute rechnen damit, dass das BAG-Grundsatzurteil Auswirkungen auf die bisher in Wirtschaft und Verwaltung häufig praktizierten Vertrauensarbeitszeitmodelle bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben wird, weil damit mehr Kontrolle besteht. Die Frage ist, ob Regelungen zu Vertrauensarbeitszeit so wie bisher noch möglich sind. Andere Fachleute sind da optimistischer. Gerichtspräsidentin Gallner sagte dazu, nach dem EuGH-Urteil habe Deutschland Gestaltungsspielraum „über das Wie, nicht das Ob der Arbeitszeiterfassung“.

 
Welche Konsequenzen drohen, wenn Unternehmen die Arbeitszeit weiterhin nicht erfassen?

Wer es unterlässt, die Arbeitszeit des Personals zu erfassen, handelt in jedem Fall rechtswidrig. Wer also nicht entsprechend handelt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Allerdings gibt es aktuell noch keine Rechtsverordnung, die einen Verweis auf die Bußgeldvorschriften beinhaltet. Diesen muss der Gesetzgeber erst noch schaffen. 

Quelle: ph/dpa

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